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Die Löffeltheorie bei ADHS im Erwachsenenalter

von Sylvia

Hast du schon einmal von der Löffeltheorie gehört? Sie wurde von der US-amerikanischen Bloggerin Christine Miserandino entwickelt, die selbst an Lupus Erythematodes erkrankt ist. Die Löffeltheorie soll anderen Menschen verständlich machen, wie es ist, mit einer chronischen, nach außen nicht sichtbaren, Erkrankung zu leben.

Auch für Erwachsene mit ADHS kann diese Löffeltheorie hilfreich sein: einerseits natürlich um den eigenen Energiehaushalt besser zu verstehen und zu managen. Andererseits auch um Freunden, Familie oder Kollegen zu erklären, wie es ist mit ADHS seinen täglichen Energiehaushalt zu managen. Die Löffeltheorie veranschaulicht eben auch sehr genau, dass eine spezifische Handlung nicht für jeden Menschen denselben Energieverbrauch bedeutet. In diesem Artikel werde ich Euch die Löffeltheorie im Zusammenhang mit ADHS etwas näher bringen. Ich erkläre Euch, wie sie Betroffenen, ihren Lieben sowie gegebenenfalls auch Arbeitgebern helfen kann, das Leben mit ADHS besser zu verstehen.

Viele verschiedenen Löffel als Sinnbild für die Löffeltheorie

Was steckt hinter der Löffeltheorie?

Die Löffeltheorie basiert auf der Idee, dass Menschen mit chronischen Krankheiten jeden Tag eine begrenzte Anzahl an “Löffeln” zur Verfügung haben. Die Löffel stehen dabei als Sinnbild für die Energieeinheiten, die man für tägliche Aktivitäten zu nutzt. Die Anzahl der Löffel variiert dabei von Person zu Person und von Tag zu Tag. Einem gesunden Menschen stehen an einem guten Tag beispielsweise regelmäßig 40 Löffel zur Verfügung. Im Gegensatz dazu hat ein Mensch mit ADHS, bedingt durch seine Neurodivergenz, aber von Haus aus täglich nur 20 Löffel. Für dieselben Dinge und Aktivitäten, wenn man dabei den Ansprüchen der Gesellschaft genügen soll.

Jede Aktivität benötigt einen bestimmten Anteil an Löffeln, der je nach Mensch völlig unterschiedlich ist. Unter den Begriff Aktivität fallen auch ganz einfache, vermeintlich selbstverständlich Handlungen wie das Aufstehen, Duschen, Einkaufen oder Arbeiten. Wenn die Löffel aufgebraucht sind, ist die Person müde oder erschöpft und kann keine weiteren Aktivitäten mehr ausführen. Du verstehst an dieser Stelle worauf ich hinaus will? Genau, jemand mit einer chronischen Erkrankung, ADHS oder auch einer Autismus Spektrums-Störung hat sein Löffelkontingent des Tages standardmäßig wesentlich früher verbraucht.

Einmal kochen kostet fünf Löffel
Einmal eine Kleinigkeit kochen kostet beispielsweise bereits fünf von 20 Löffeln

Wie hängt die Löffeltheorie mit ADHS zusammen?

Wir ADHSler haben oft Schwierigkeiten, unsere Energie zu managen und unsere Aufgaben effektiv zu erledigen. Denn wir lassen uns leicht ablenken und sind gleichzeitig ja auch manchmal sehr begeisterungsfähig. Und zack, stecken wir im nächsten Hyperfokus. Und auch der kostet natürlich auch jede Menge Kraft, auch wenn, oder gerade weil wir Spaß an einer Sache haben und völlig euphorisch sind. Schließlich brauchen wir auch die Herausforderung. Die Löffeltheorie kann uns an dieser Stelle helfen, uns selbst besser kennenzulernen. Wir können mithilfe der Löffeltheorie lernen, welche Aktivitäten uns wieviel Kraft kosten, wenn wir uns dabei selbst ein bisschen beobachten. Dementsprechend können wir lernen, mit unseren Energien bewusster zu haushalten.

ADHS, Depressionen und was es für die Anzahl Deiner Löffel bedeutet

ADHS kommt in den meisten Fällen nicht alleine, sondern in Begleitung einer sogenannten Komorbidität. Eine der häufigsten Begleiterscheinungen sind Depressionen. Sie treten bei fast der Hälfte aller den ADHS im Erwachsenenalter betroffenen Personen auf. Was bedeutet das nun konkret für den Energiehaushalt eines ADHSlers? Ich schätze Du hast schon eine Vermutung! Genau, nämlich dass Dich diese Komorbidität natürlich eine ganze Reihe weiterer Löffel kostet. Weitere Komorbiditäten, die bei ADHS regelmäßig vorkommen, sind Autismus, Borderline-Persönlichkeitsstörungen und Angststörungen.

Wie können ADHS-Betroffene ihre Löffel besser zu managen?

Wir können unsere Löffel besser managen, indem wir sowohl Energiequellen und Energiefresser identifizieren und dementsprechend unsere täglichen Aktivitäten planen. Für mich persönlich ist es extrem wichtig, regelmäßige Pausen einzulegen und vor allem genug Schlaf zu bekommen. Wenn da halt nicht auch noch diese Schlafproblematik bei ADHS wäre. Inzwischen weiß ich, dass mich das Fahren mit den Öffis, Kaufhäuser, Städte im Allgemeinen, Restaurantbesuche, Familienbesuche und Tage im Büro sehr viel Kraft kosten. Das liegt an den zahlreichen Reizen in Form von Geräuschen, Bewegungen durch Menschenmengen, Durchsagen, Piepen – die Liste ist schier endlos. Dinge, die andere einfach gar nicht wahrnehmen, weil sie sie ausblenden können.

Alle Gespräche, Geräusche, Lichter, Bewegungungen und auch Gerüche treten mit gleicher Intensität auf. Das zu filtern kostet enorm viel Kraft. Das heißt für mich inzwischen, dass ich unter der Woche Abends zum Beispiel keine Freunde mehr treffe und den Fernseher aus lasse. Wenn wir in der Weihnachtszeit mal an einen Christkindlmarkt gehen, dann sorge ich dafür, dass ich den nächsten Tag frei habe und absolut nichts passiert. Statt mich mit Freunden im Restaurant zu treffen, lade ich sie lieber zu mir zum Essen ein. Um nur ein paar Beispiele zu nennen. Das führt zwar immer noch nicht dazu, dass ich am Wochenende energiegeladen aufstehe. Aber es bewahrt mich aktuell zumindest vor der nächsten Erschöpfungsdepression.

Wie Dir die Löffeltheorie hilft

Die Löffeltheorie kann auf diese Weise eben auch dazu beitragen, sich selbst besser zu akzeptieren. Zu verstehen, warum für uns manche Tage schwieriger sind als andere. Wenn man erst verstanden hat, dass man nur eine begrenzte Anzahl von Löffeln hat, fällt es Dir hoffentlich Schritt für Schritt leichter mit Dir selbst umzugehen. Und wenn Du nach und nach erkennst, welche Aktivität Dich wieviele Löffel kostet, und wieviele Löffel Du an einem durchschnittlichen Tag zur Verfügung hast, lernst Du automatisch Deine Tage und Wochen auf Deinen Energiehaushalt abgestimmt, zu planen.

Was können Angehörige tun, um Betroffene zu unterstützen?

Als Angehörige/r kannst Du Betroffene unterstützen, indem Du Dich einmal kurz mit dieser einfachen Löffeltheorie auseinandersetzt. Versuche zu respektieren, dass Betroffene nicht so viele Löffel im Besteckkasten haben wie Du selbst. Und dass sie für ein einfaches Zähneputzen schon drei Löffel brauchen, wo Du vielleicht nur einen benötigst. Und dass Einkaufen möglicherweise bedeutet, dass das schon komplett alle Löffel für den ganzen Tag waren. Wenn man versteht, dass jemand mit ADHS nur eine begrenzte Anzahl von Löffeln hat, kann man besser nachvollziehen, warum sie bestimmte Aktivitäten nicht ausführen können oder schneller ermüden als andere.

Als Angehörige kannst Du schon eine sehr große Hilfe sein, indem Du Verständnis und Unterstützung zeigst. In einer Partnerschaft könnt ihr gemeinsam herausfinden, wie ihr Eure Löffel verplant. Sicher hast Du auch Dinge, die Dich viele Löffel kosten, Die Dein ADHS-Partner aber gerne und mit links macht. Plant gemeinsam die To Dos, Eure Auszeiten und sprecht über die jeweiligen Bedürfnisse. So kannst Du helfen den Betroffenen dringend nötige Pausen und Auszeiten ermöglichen, um sich zu erholen. Eine offene Kommunikation über die Löffeltheorie und die Bedürfnisse des Betroffenen kann also dazu beitragen, das Verständnis und die Unterstützung innerhalb der Familie oder Partnerschaft zu verbessern.

Was ist der Zusammenhang zwischen ADHS, Autismus, Depressionen, chronischen Krankheiten und der Löffeltheorie? Obwohl ADHS und Autismus unterschiedliche Erkrankungen sind, gibt es durchaus Überschneidungen in den Symptomen. Ebenso wie Depressionen ist auch Autismus eine der häufiger vorkommenden Komorbiditäten von ADHS. Beide Erkrankungen können Schwierigkeiten im sozialen Verhalten und der Konzentration mit sich bringen. Aber auch Menschen mit chronischen Krankheiten, wie Fibromyalgie, CFS, Long Covid oder Multiple Sklerose, können von der Löffeltheorie lernen ihren Energiehaushalt zu verstehen und Nichtbetroffenen zu erklären.

Was Du als Arbeitgeber tun kannst

Du hast eine Firma und einen Mitarbeiter mit ADHS, Autismus, Depressionen oder einer chronischen Erkrankung? Dann hilft Dir die Löffeltheorie an dieser Stelle auch weiter, um Deinen Mitarbeiter ein bisschen besser zu verstehen. Betroffene von ADHS im Erwachsenenalter haben häufig schon zahlreiche Strategien zur besseren Bewältigung ihres Alltag entwickelt. Insbesondere, wenn es sich um Betroffene mit einer sehr späten Diagnose handelt. Ich selbst habe meine Diagnose mit 45 erhalten. Alle Strategien, die in einer Verhaltenstherapie, in Büchern oder Coachings vermittelt werden, kannte ich schon und hatte sie in meinen Berufsalltag integriert.

Dennoch kann es immer noch schwierig sein, im Berufsleben erfolgreich zu sein. Als Arbeitgeber kannst Du jedoch auch Deinen Beitrag dazu leisten, dass Dein Mitarbeiter gut arbeiten kann. Du kannst beispielsweise flexiblere Arbeitszeiten anbieten, Homeoffice ermöglichen oder eine ruhige Arbeitsumgebung schaffen. Für uns ADHSler ist es enorm wichtig, dass Du Verständnis und Interesse zeigst und gemeinsam mit Deinem Mitarbeiter nach individuellen Lösungen suchst. Leider haben viele Betroffen oft das Gefühl wie dumm und unmündig behandelt zu werden. Daher frag Deinen Mitarbeiter einfach wie Du ihn/sie unterstützen kannst und was er/sie braucht, um den Job zu erledigen. Und gib um Gottes Willen nicht vor, was Du für gut und richtig erachtest.

Fazit zur Löffeltheorie

Die Löffeltheorie kann ein wertvolles Werkzeug sein, um den Energiehaushalt und die täglichen Aktivitäten von Menschen mit ADHS besser zu verstehen. Sie kann uns als Betroffene helfen, unsere Energie bewusster einzusetzen und dementsprechend Prioritäten zu setzen. Aber auch Deine Angehörigen und Arbeitgeber können Dich durch diese Theorie viel besser verstehen. Gemeinsam können wir dazu beitragen, dass Menschen mit ADHS ihren Alltag besser meistern können, wenn wir auf die jeweiligen zur Verfügung stehenden Energieressourcen Rücksicht nehmen.

Viele verschiedenen Löffel als Sinnbild für die Löffeltheorie

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Ich bin kein Arzt und spreche auf meinem Blog ausschließlich über meine persönlichen Erfahrungen, von denen ich hoffe, dass sie für Dich hilfreich sein können. Mentale Gesundheit und die Entstigmatisierung ist ein Thema, dass uns alle angeht. Hätten aus meiner Familie mehr Mitglieder offen über ihre ADHS-Diagnose oder die ihrer Kinder gesprochen, hätte es mir sehr weitergeholfen. Das ist meine Motivation, meine Erfahrungen im Netz zu teilen. Ich freue mich über Deine Nachrichten zum Thema und auch über jeden Kommentar unter diesem Blogartikel!

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